Akute Pankreatitis

Aus Pathowiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Definition[Bearbeiten]

Es wird zwischen der akuten infektiösen Pankreatitis (primäre Entzündung durch Infektion mit Viren oder Bakterien) und der weitaus häufigeren akuten nicht-infektiösen Pankreatitis als Folge einer plötzlich eingetretenen primären Autodigestion und sekundärer Entzündungsreaktion unterschieden. Die letztere Form hat nur in 10% der Fälle eine schwere Verlaufsform.

Ätiologie[Bearbeiten]

Die akute infektiöse Pankreatitis wird durch Mikroorganismen (meist Viren, wie Mumps- oder Coxsackie-B-Viren; selten Bakterien) verursacht, die die Azinuszellen befallen und zerstören. Eigenartigerweise entstehen durch die freigesetzten Pankreasenzyme keine kolliquativen Nekrosen. Die akute nicht-infektiöse Pankreatitis wird entweder durch chronischen Alkoholabusus (ca. 50%) oder einen die Papille obstruierenden Gallenstein (ca. 30%) verursacht. Bei weiteren 20% spielen andere Faktoren wie Schock, stumpfes Trauma, operative Eingriffe (Magenresektion), bestimmte Medikamente (Azathioprin, Furosemid, Valproinsäure) und Toxine (Skorpiontoxin), Hyperlipidämie und genetische Faktoren (Mutation im Trypsin-Gen) eine Rolle.

Pathogenese[Bearbeiten]

Im Zentrum der Pathogenese der akuten nichtinfektiösen Pankreatitis steht die Selbstverdauung (Autodigestion) des Pankreas durch aktive Pankreasenzyme (z.B. Trypsin und Lipase). Sie nimmt ihren Beginn im interstitiellen Fettgewebe des Pankreas. Auslösende Faktoren sind der Alkoholismus und die Gallensteineinklemmung in der Papille mit folgenden Reflux der Gallenflüssigkeit. Wie die Enzyme dadurch genau aktiviert werden ist nicht abschließend geklärt. Vermutlich werden die Enzyme wie bei der hereditären Pankreatitis durch ein Ungleichgewicht an aktivierenden und hemmenden Einflüssen spontan aktiviert. Es folgen autodigestive Fettgewebenekrosen im interstitiellen Pankreasgewebe sowie im peripankreatischen Fettgewebe. Dabei ist möglicherweise die Lipase von spezieller Bedeutung. Durch die Fettnekrosen kommt es zur Freisetzung von Fettsäuren, die die Aktivierung von Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Prophospholipase A2, Proelastase und anderen Proenzymen weiter unterhalten. Wenn diese Zellzerstörung auch benachbarte Blutgefäße, Pankreasazini und -gänge mit erfasst, entstehen große hämorrhagische Nekrosefelder. Das Schicksal der Nekrosen und damit auch der Verlauf der Erkrankung hängen von ihrer Ausdehnung ab. Sind sie klein (< 4-5 cm), werden sie resorbiert, wobei sich in diesem Bereich eine Fibrose entwickeln kann. Ausgedehnte Nekrosen aber werden verflüssigt und können entweder durch Bakterien aus dem Darm infiziert werden und dadurch Abszesse bilden oder sich bindegewebig zu Pseudozysten abkapseln.

Klinik[Bearbeiten]

Heftiger Schmerz im oberen Abdomen, Übelkeit und Erbrechen. Bei schwerem Verlauf entwickelt sich rasch ein hypovolämischer Schock und ARDS. Im Serum sind Amylase und Lipase erhöht. Differentialdiagnosen: Gallensteineinklemmung mit akuter Cholezystitis (Kolik), perforiertes Duodenalulkus, Herzinfarkt. Für die Prognose ist die Erfassung des APACHE-Scores (Acute Physiology And Chronic Health Evaluation) von Bedeutung. Eine bioptische Abklärung der Pankreatitis ist nicht indiziert.

Makroskopie[Bearbeiten]

milde Form:

  • punktförmige, weißgelbe Fettgewebenekrosen auf der Oberfläche des Pankreas
  • Drüse vergrößerndes Ödem
  • Fettgewebenekrosen sehen durch die Bindung von Kalzium an Fettsäuren wie „Kalkspritzer" aus.

schwere Form:

  • große konfluierende peripankreatische Fettgewebenekrosen mit Blutungen.
  • segmentartige, unregelmäßig verteilten hämorrhagischen Nekrosen des Pankreasparenchyms
  • Fettgewebsnekrosen des des Mesenteriums des Colon transversum, des Omentum majus, des retroperitonealen Fettgewebes und der Perirenalregion.
  • hämorrhagischer Aszites
  • Verflüssigung großer Nekrose innerhalb weniger Tage, eventuell lymphogene Infektion durch Darmbakterien und Abszedierung.
  • eventuell bindegewebige Abkapselung innerhalb von etwa 4 Wochen mit Bildung einer blutig gefüllten Pseudozyste.

Mikroskopie[Bearbeiten]

Akute infektiöse Pankreatitis[Bearbeiten]

  • disseminierte Azinuszellnekrosen mit begleitender entzündlicher Zellreaktion (Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten) gekennzeichnet.
  • Autodigestive Fettgewebenekrosen fehlen.

Akute nicht-infektiöse Pankreatitis[Bearbeiten]

  • Lyse der Fettzellen mit Verschwinden der Zellmembranen
  • Abgrenzung der nekrotischen Zellgruppen durch Granulozyten und Makrophagen
  • Übergreifen großer Fettgewebenekrosen auf Venen, die Peripherie angrenzender Pankreaslobuli sowie interlobuläre Gänge 1.
  • Thrombose der Gefäße, Blutung und schließlich zur hämorrhagische Nekrose in der Umgebung
  • Rückbildung durch vollständige Resorption der kleinen Fettgewebenekrosen durch Makrophagen (Schaumzellen)
  • größere Nekroseherde über 4-5 cm Durchmesser werden durch Granulationsgewebe abgekapselt  Pseudozyste (keine Epithelauskleidung)

Komplikationen und Verlauf[Bearbeiten]

  • systemische Komplikationen: Kreislaufschock mit Schockniere, Schocklunge, Aktivierung der Bradykinin-Kaskade durch freigesetztes Kallikrein mit lang andauernder Vasodilatation.
  • lokale Komplikationen: Pseudozyste --> Fistelbildung. Abszess (meist gramnegative Darmbakterien bei Subileussituation) --> Peritonitis --> Sepsis. Arterienarrosion, venöse Thrombose sowie Stenose umliegender Hohlorgane (Magen, Duodenum, Gallenwege).
  • milder klinischer Verlauf: Restitutio ad integrum (häufig bei biliärer Pankreatitis)
  • schwerer klinischer Verlauf: oft bei alkoholischer Pankreatitis. Bei fortlaufenden lokalen und sytemischen Komplikationen Übergang in eine chronische Pankreatitis.

Literaturangaben[Bearbeiten]

Böcker, Pathologie, 4. Auflage

virtuelle Slides[Bearbeiten]

Akute Pankreatitis S132 10 HE ico.jpg
Akute Pankreatitis, HE