Follikulitis

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Follikulitis und Perifollikulitis (allgemein)[Bearbeiten]

Klinik und Definition[Bearbeiten]

Eine am Follikel orientierte Entzündungsreaktion, meist durch Bakterien oder Pilze (seltener Parasit) ausgelöst, die Bestandteile der normalen Hautflora sein können (z.B. Pityrosporum, S. epidermidis) oder klar pathogen sind (z.B. S.aureus). Eine Follikulitis geht meistens mit einer perifollikulären Entzündung einher. Beide Reaktionen können zur Alopezie führen. Die Perifollikulitis zeichnet sich durch eine chronische lymphozytäre Entzündung aus. Bei der oberflächlichen Follikulitis finden sich Papeln und Pusteln, meistens ist das Follikelinfundibulum durch einen Hornpfropfen verstopft. Der tiefeTyp ist durch Furunkeln und Karbunkeln charakterisiert.

Klinische Differentialdiagnose[Bearbeiten]

  • Pseudofollikulitis: entzündlich Reaktion eines einwärts gewachsenen Haares im Bartbereich (Fremdkörperreaktion)
  • Reaktive perforierende Kollagenose: ensteht durch externe Schädigung und folgender Ulzeration und Degeneration der Kollagenbündel, kein follikulärer Prozess

Histologie[Bearbeiten]

akute Follikulitis:

  • zunächst superfizielles, perivaskuläres, später auch tiefes, perivaskuläres und interstitielles Infiltrat aus Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten
  • neutrophile Granulozyten in einem oder mehreren Infundibula
  • Follikelepithel durchsetzt mit neutrophilen Granulozyten, manchmal subkorneale Pusteln

chronische Follikulitis:

  • Ansammlungen neutrophiler Granulozyten innerhalb und außerhalb des Infundibulums
  • Degeneration von Kollagenbündeln im perifollikulären Abszess
  • granulomatöse Entzündungsreaktionen mit neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten, Histiozyten und Riesenzellen meist im unteren Follikelbereich durch Follikelruptur und Entleerung seiner Inhalte (z.B. Serum, Pityrosporum, Demodex) in die Dermis
  • Fibroplasie um das betroffene Infundibulum

Histologische Differentialdiagnose[Bearbeiten]

  • Reaktive perforierende Kollagenose: umfasst nicht den Follikel
  • Elastosis perforans serpiginosa: Nachweis von veränderten elastischen Fasern, die innerhalb von Kannälen zur Hautoberfläche gelangen


Fokale Neutrophile in der Epidermis, Ansammlungen von Neutrophilen oberhalb des Stratum corneum und zerstreute Neutrophile zwischen Kollagenbündeln in der retikulären Dermis sind immer verdächtig für eine nahegelegene Follikulitis. Jede Art von eitriger Follikulitis ruft den Austritt von Neutrophilen aus den periadnexiellen Gefäßen hervor. Sie gelangen von dort in die Infundibula, um nach ausreichender Ansammlung wieder zurück in die Dermis zu treten. Bakterien als Auslöser werden direkt in den Abszessen nachgewiesen (blaue Kokken oder rote Bazillen in Brown-Brenn-Färbung). Dermatophyten finden sich im Haarschaft, der inneren Hülle, im Infundibulum (oder manchmal der Epidermis). Staphylokokken gehören wie Pityrosporum und Demodex zur normalen Hautflora, nur ihre Anzahl kann Aufschluss über die Ursache einer Follikulitis geben. Eine Staphylokokken-Follikulitis, die tief in das Gewebe reicht, nennt man Furunkel, sind mehrere Follikel betroffen, liegt eine Karbunkel vor.


Zusätzliche Merkmale:

überwiegend ... Vorkommen
plasmazelluläre Follikulitis Perioral-, Anogenitalbereich, Granulome bei Rosazea und perioraler Dermatitis, Acne keloidales nuchae, Lues, Karbunkel, Furunkel
eosinophile Follikulitis eosinophile pustulöse Follikulitis, HIV, Erythema neonatorum toxicum, pruritische Follikulitis in der Schwangerschaft
spongiotische Follikulitis fokale spongiotische Veränderungen im Infundibulum und geringes oberflächliches perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat: Infundibulofolliculitis disseminata recidivans, Mucinosis follicularis.
nekrotisierende Follikulitis Zerstörung des unteren Follikelteils oder des gesamten Follikel-Talgdrüsen-Komplexes: HIV, Herpes simplex, Acne necrotica




Suppurative Follikulitis 241 95 M ico.jpg Follikulitis suppurativ 4351 03 HE M ico.jpg Suppurative Follikulitis 920 95 M ico.jpg Follikulitis suppurativ 4350 03 HE M ico.jpg Follikulitis eosinophile 182 05 HE M ico.jpg
suppurative Follikulitis suppurative Follikulitis suppurative Follikulitis suppurative Follikulitis, perforierend eosinophile Follikulitis

Follikulitis decalvans[Bearbeiten]

Definition und Klinik[Bearbeiten]

Es handelt sich um eine sehr seltene, chronische, zur atrophisierenden Alopezie (Pseudopeladezustand) führende, bakteriell bedingte Follikulitis, meist am Kapillitium.An der Kopfhaut findet sich eine atrophisierende Alopezie, die an eine Pseudopelade erinnert, ohne weitere Beschwerden mit follikulär gebundenen Pusteln in der Peripherie. Häufig bleiben Büschelhaare zurück, wobei mehrere Haarschäfte büschelartig aus einer Follikelöffnung austreten. Die Ätiologie ist ungeklärt. In einigen Fällen konnte Staphylococcus aureus von Pusteln isoliert werden, daher wurde eine gestörte Immunantwort auf dieses Bakterium angenommen.

Histologie[Bearbeiten]

  • chronisch tiefe Follikulitis; perifollikuläres Infiltrat hauptsächlich aus neutrophilen Granulozyten und Plasmazellen bestehend
  • das perifollikuläre Infiltrat entwickelt sich zu einem Abszess mit Zerstörung der Haarfollikel
  • chronische Granulationsgewebe mit zahlreichen Plasmazellen (Verdacht auf Plasmozytom prüfen !), Lymphozyten und Fibroblasten können vorkommen
  • Fremdkörperriesenzellen liegen häufig um Reste der Haarfollikel
  • vernarbende, fibrotische Abheilung

Differentialdiagnose[Bearbeiten]




Follikulitis decalvans 3390 01 M ico.jpg Follikulitis decalvans 3866 04 HE M ico.jpg Follikulitis decalvans 5797 03 HE M ico.jpg Folliculitis decalvans 9318 05 HE ico.jpg
Follikulitis decalvans, HE Follikulitis decalvans, HE Follikulitis decalvans, HE Follikulitis decalvans, HE

Parasitäre Follikulitis[Bearbeiten]

Demodex-Follikulitis[Bearbeiten]

Definition und Klinik[Bearbeiten]

Durch Demodex-Milbe ausgelöste Follikulitis. Demodex folliculorum (Follikelausführungsgang) und Demodex brevis (Talgdrüse) sind die häufigsten Ektoparasiten den Menschen. Außerhalb des Gesichtes nur wenige Demodizes.

Histologie[Bearbeiten]

  • bei Zufallsbefund ohne Klinik geringgradiges lymphozytäres dich perifollikulär angeordnetes Infiltrat mit deutlichem Epidermotropismus zum aufgelockerten Follikelepithel
  • ungehemmte Vermehrung der Demodizes bei schwacher Immunabwehr bspw. durch HIV oder topischen Kortikosteroiden: Dehnung des Follikels und Zerstörung des Follikelepithels
  • eventuell Granulome




Demodex follikulitis 423 96 HE ico.jpg
Demodex follikulitis, HE

Mykotische Follikulitis[Bearbeiten]

Dermatomykose ist eine Pilzinfektion der Haut. Man unterscheidet dermatophytische Infektionen (Microsporum, Trichophyton, Epidermophyton) von nichtdermatophytischen Infektionen (z.B. Hefen: Pityrosporum, Candida, etc.). Gleichartige Läsionen können durch unterschiedliche Pilze wie unterschiedliche Läsionen durch einen Pilz hervorgerufen werden. Fast alle Pilzinfektionen entstehen auf vorgeschädigter Haut oder lokaler und allgemeiner Abwehrschwäche.

Dermatophytische Infektionen[Bearbeiten]

Definition[Bearbeiten]

Dermatophyten sind keratinophile Pilze, d.h. mit Affinität zu keratinisiertem Gewebe wie Stratum corneum, Haare, Nägel. Die durch Dermatophyten hervorgerufenen Erkrankungen werden als Dermatophytosen oder Tinea bezeichnet. Je nach Lokalisation kommt der Zusatz Tinea capitis, Tinea faciei, Tinea corporis etc. hinzu. Die Ausbreitung erfolgt im Stratum corneum zentrifugal vom betroffenen Follikel zum nächsten durch den Mündungsbereich des Haarfollikels.

Histologie[Bearbeiten]

  • Pilzelemente sind in der HE-Färbung nicht nachweisbar, durchgesetzt haben sich PAS-Färbung, Methenamin-Silber-Färbung, Grocott-Gomori.
  • Entzündliches Infiltrat von wenigen Rundzellen (Microsporum audouini) bis purulenten granulomatösen Formen (Microsporum-canis, Trichophyton)

Varianten[Bearbeiten]

Tinea capitis superficialis

Histologie:

  • Entzündung hauptsächlich im Follikelinfundibulum und äußeren Abschnitten des Haarbalges
  • ausgeprägte Hyper- und Parakeratose
  • peripiläre und angrenzende subkorneale Pusteln
  • im Epithel des Follikels und der benachbarten Haut höhergradiges Ödem, Mikroabszesse
  • Verlängerung der Reteleisten
  • Gefäßerweiterung, massenhaft Lympho- und Leukozyten, reichlich Histiozyten, Epitheloid-, Plasma- und Riesenzellen in der iberen und mittleren Dermis mit Konzentration auf mykotische Haarbälge

Tinea capitis profunda / Kerion Celsi

Tief abszedierende Follikulitis an der Kopfhaut oder am Bart durch zoophile Dermatophyten wie Microsporum canis und Trichophyton verrucosum. Klinisch karbunkel- und plaqueartig. Die massive abszedierende Entzündung kann zur Zerstörung der Haarfollikel mit folgender Alopezie führen (Pseudopeladezustand). Begleitend kommen Lymphknotenschwellung, Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen vor.

Histologie:

  • ausgeprägte Akanthose und Papillomatose
  • Hyper- und Parakeratose
  • ausgeprägtes inter- und intrazelluläres Ödem
  • Follikel bis in ihre tiefste Abschnitte betroffen, mit Pilzelementen aufgefüllt und Wand mit zahlreichen Mikroabszessen versehen, Pilzelemente oft wegen ihrer Zerstörung durch die massive Entzündung nicht mehr nachweisbar
  • im Bereich der Papillarkörper, im mittleren Korium, perifollikulär in der tiefen Dermis ödematöse Verquellung der Bindegewebebündel, Rarefizierung der elastischen Fasern
  • dichte Infiltration mit Leukozyten, Lymphozyten sowie Plasma-, Epitheloid- und Fremdkörperriesenzellen
  • abschließende Fibrose

Tinea barbae

Tiefe Dermatophyteninfektion der Bartregion von Gesicht und Hals. Bild mit weichen, filtrierten, furunkuloiden Knoten ähnlich der Tinea capitis profunda (Kerion Celsi) oder superficialis.

Die Histologie entspricht der Kerion Celsi bzw. Tinea capitis profunda.

Mikrosporie

Dermatophytose des Kapillitiums durch Microsporum.

Histologie:

  • peripiläre Sporenketten oben, dichte fädige Elemente weiter unten
  • Zellen des Haarbalgs erscheinen vakuolisiert
  • an der keratogenen Zone sind die intrapilären Hyphen besonders zahlreich und dicht gelagert
  • die Veränderungen der Dermis sind vergleichbar mit anderen Tineaformen

Favus

Tinea favosa. Schwere, abszedierende und granulomatöse Follikulitis. Abheilung mit narbiger Alopezie (Pseudopeladezustand). Trichophyton mentagrophytes, Trichophyton schoenleinii.

Majocchi‘s Granulom

Klinisch entzündliche Papeln und/oder Pusteln meistens an den Extremitäten oder im Gesicht. Mißverständlicher Name, da keine Histiozyten wie bei einem Granulom im Vordergrund stehen, sondern eine Follikulitis, die durch neutrophile Infiltrate dominiert ist. Im Verlauf kommt es zu einem kürzeren Abschnitt einer granulomatösen Entzündung und ev. Fibrose.

Nichtdermatophytische Infektionen[Bearbeiten]

Pityrosporum-Follikulitis

Klinik und Definition: Pityrosporum orbiculare oder ovale. Erythematöse Papeln und Pusteln ohne Komedonen. Können ähnliches Bild wie bei der Akne hervorrufen, da Pityrosporum eine Keratose im Follikeostium induzieren kann. Stamm, Hals, Oberarm, weniger polymorph als bei Acne vulgaris. Meist junge erwachsene Frauen.

Histologie:

  • mehr oder weniger starke Entzündung in der Dermis
  • perifollikuläre Abszesse mit Nachweis von Pityrosporum-Kolonien (PAS-Färbung)
  • gemischtes mononukleäres Infiltrat mit vereinzelten Neutrophilen und Eosinophilen, Entzündungsreaktion kann sehr gering ausgeprägt sein
  • gelegentlich Muzinablagerungen

Kandida-Follikulitis

Seltene auf Haarfollikel beschränkte Infektion meistens durch Candida albicans, überwiegend auf Basis von prädisponierenden Faktoren wie Virusinfektionen oder Kortikosteroidtherapie oder Hyperglykämie unter Okklusion.


Nicht-infektiöse Follikulitiden[Bearbeiten]

  • Acne vulgaris
  • Rosazea
  • Halogenoderma
  • Prurigo nodularis und Picker‘s nodule: als Folge von chronischen Reiben und Kratzen
  • Kyrle‘s disease: vermutlich auf Basis einer ausgedehnten Follikulitis durch chronisches Reiben und Kratzen entstandene keratotische Knoten
  • Sekundär durch lokale externe Medikation: Krotikosteroide, Öle
  • Sekundär durch systemische Medikation
  • Ofuji‘s disease und esoinophile pustulöse Follikulitis


Literatur[Bearbeiten]

  • H. Kerl, Claus Garbe, L.Cerroni, H. Wolff, Histopathologie der Haut
  • A. Bernard Ackerman, Histologic Diagnosis of Inflammatory Skin Diseases: An Algorithmic Method Based on Pattern Analysis