Hyperparathyreoidismus

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Definition[Bearbeiten]

Der Hyperparathyreoidismus bezeichnet eine inadäquat gesteigerten PTH-Sekretion (PTH= Parathormon) durch die Nebenschilddrüsen. Beim primären Hyperparathyreoidismus liegt die auslösende Ursache in der Nebenschilddrüse. Es kommt zur Hyperkalzämie. Beim sekundären Hyperparathyreoidismus besteht eine periphere Resistenz gegenüber der Parathormonwirkung, meist infolge einer Nierenerkrankung. Dies führt zur einer gesteigerten Parathormonsekretion und zur Normokalzämie. Vom tertiären Hyperparathyreodismus spricht man, wenn sich im Verlauf eines sekundären Hyperparathyreodismus eine Hyperkalzämie entwickelt. Wenn sich der PTH-Bedarf bei einer sekundären Hyperkalzämie plötzlich verringert (bspw. durch eine Nierentransplantation), ist die basale PTH-Sekretion der hyperplastischen Epithelkörperchen trotzdem noch so hoch, dass es zur Hyperkalzämie kommt.

Primärer Hyperparathyreoidismus[Bearbeiten]

Definition[Bearbeiten]

Eine erhöhte Serumkonzentration von Parathormon mit Hyperkalzämie, Hypophosphatämie und Hyperkalziurie, verursacht durch ein Adenom oder eine primäre Hyperplasie der Nebenschilddrüsen.

Epidemiologie[Bearbeiten]

Der Hyperparathyreoidismus ist im mittleren Lebensabschnitt am häufigsten. Die Prävalenz beim Erwachsenen beträgt 0,1-0,5%. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Beim jungen Menschen ist der primäre Hyperparathyreoidismus die führende Ursache einer Hyperkalzämie, beim älteren Menschen ist die Hyperkalzämie in erster Linie bedingt durch maligne Tumoren (Plasmozytom, Knochenmetastasen, paraneoplastische Hyperkalzämie durch Sekretion von PTH-related protein).

Das solitäre Adenom einer Nebenschilddrüse dominiert als Ursache des primären Hyperparathyreoidismus (ca. 80% der Patienten). Selten bestehen zwei Adenome (2-3%) oder ein Karzinom (2-3%). Die so genannte primäre Hyperplasie tritt bei ca. 15% der Patienten auf.

Ätiologie[Bearbeiten]

Familiär treten Nebenschilddrüsenadenome oder primäre Hyperplasie im Rahmen genetischer Erkrankungen (z.B. einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1; MEN 1) auf.

Komplikationen[Bearbeiten]

Aufgrund der Kalziummobilisation aus dem Knochen über längere Zeit entstand früher häufig eine Fibroosteoklasie (80-90% der Betroffenen), unter dem Vollbild bekannt als Osteodystrophia (Osteitis) fibrosa cystica generalisata bekannt. Histologisch treten fokal akzentuierte Resorption der Knochenbälkchen durch Osteoklasten in Verbindung mit einer Fibrose im Bereich des Endosts (Endostfibrose), die auf die Markräume übergreifen kann. Rezidivierende Einblutungen führen zu Hämosiderinablagerungen (sog. „brauner Tumor").

Sekundärer Hyperparathyreoidismus[Bearbeiten]

Ätiologie und Pathogenese[Bearbeiten]

Das wichtigste Zielorgan des Parathormons ist die Niere. Eine chronische Glomerulonephritis oder interstitielle Nephritis führt im Stadium des beginnenden Nierenversagens zu einer Phosphatretention durch die Niere. Die daraus resultierende Hyperphosphatämie sowie der Nierenschaden bewirken eine herabgesetzte 1-α-Hydroxylierung des 25-Hydroxycholecalciferols. Die Kalziumresorption durch den Dünndarm sinkt. Darüber hinaus kann infolge der Niereninsuffizienz ein Kalziumverlust entstehen, wodurch die Hypokalzämie noch verstärkt wird. Wegen der Nierenkrankheit ist die PTH-Wirkung auf die Niere eingeschränkt (Zielorganresistenz). Durch eine kompensatorisch gesteigerte PTH-Produktion wird mittels Kalziummobilisation aus dem Knochen die Normokalzämie sichergestellt. Andere Ursachen können eine D3-Hypovitaminose oder eine intestinale Malabsorption sein.

Morphologie[Bearbeiten]

Es besteht eine sekundäre Hyperplasie der Hauptzellen aller Nebenschilddrüsen, allerdings meist in unterschiedlichem Ausmaß.

Klinik[Bearbeiten]

Früher wurde die Krankheit erst beim Auftreten von spontanen Knochenbrüchen, Magenulzera und Nierensteinen (klassische Trias „Stein-, Bein- und Magenpein") diagnostiziert. Heutzutage wird eine Hyperkalzämie meist im asymptomatischen Stadium erfasst. Eine Hyperkalzämie kann aber auch andere Ursachen haben.

Die Frühsymptome sind Muskelschwäche sowie rasche Ermüdbarkeit. Neuropsychiatrische Störungen wie Depression, Ängstlichkeit und Psychosen sind häufig und können das klinische Bild dominieren. Oft tritt eine arterielle Hypertonie auf (ca. 50%). Weniger als 25% der Patienten bekommen Nierensteine. Fibroosteoklasie ist sehr selten. Gelegentlich sieht man eine akute Pankreatitis und peptische Ulzera. Peptischen Ulzera treten durch Kalzium- oder PTH-induzierte gesteigerte Salzsäuresekretion durch die Belegzellen der Magenkorpusschleimhaut auf.

Gefürchtet ist die hyperkalzämische Krise, die zu metastatischen Verkalkungen, einer Niereninsuffizienz und einer lebensbedrohlichen Exsikkose führen kann. Auch ohne hyperkalzämische Krise können metastatische Verkalkungen in Lunge, Niere oder Magenschleimhaut auftreten. Kalziumpyrophosphat-Ablagerungen führen zu Arthropathien (sog. Chondrokalzinose) bei 15-20% der Betroffenen.

Therapie[Bearbeiten]

Die Therapie des primären Hyperparathyreoidismus besteht in der Exzision der adenomatösen oder hyperplastischen Drüse(n). Bei der Hyperplasie kann entweder eine subtotale Parathyreoidektomie oder eine totale Parathyreoidektomie mit autologer Transplantation einer Nebenschilddrüse (subkutan oder in die Skelettmuskulatur) durchgeführt werden.

Literatur[Bearbeiten]

  • Böcker, Pathologie, 4. Auflage